2018-06-29  Belfast → Bushmills

43ter TagAbfahrt07:15Distanz129,28kmHm ↑1277m
32te EtappeAnkunft16:22Insgesamt3352,49kmHm ↓1171m

Das war heute mit 129,28km vermutlich bisheriger Streckenrekord. Wobei die ersten 2 Drittel überwiegend flach an der Küste entlang verliefen. Nur deshalb war das machbar. Landschaftlich war die Strecke über weite Strecken ein Genuss.

Ich war schon sehr früh wach, so dass ich noch einen weiteren Rekord aufstellen konnte: Bereits um 7:15 kam ich los. Ich hatte am Abend vorher noch mit Mark besprochen, dass er mich ein Stück weit auf meiner Fahrt begleiten wollte und ich ihn einfach kurz vor meiner Abfahrt wecken sollte. Da ich aber außerdem wusste, dass er eher ein Langschläfer ist ließ ich ihn einfach schlafen.

Die Fahrt durch Belfast ging dank Radweg entlang des Lagan noch recht angenehm. Dabei lichtete ich noch diesen Blick auf die Belfast Barge ab. Eigentlich eine typische Ansicht mit der vielen modernen Business-Architektur.

Belfast Barge

Im nördlichen Belfast musste ich dann einige Zeit durch nicht so tolle Industriegebiete und noch weiter im Norden dann den im morgendlichen Berufsverkehr stark befahrenen M2, M5 und A2 folgen. Solange ich dabei einen separaten Fahradweg benutzen konnte, war das noch einigermaßen erträglich. Aber kurz vor Carrickfergus war damit Schluss und ich musste auf die Fahrbahn. Zum Glück kam mir da der Berufsverkehr auf der anderen Straßenseite entgegen. Aber auch der Verkehr stadtauswärts war beachtlich.

In Carrickfergus stieß ich auf die erste Sehenswürdigkeit der Etappe: Carrickfergus Castle.

Carrickfergus Castel

Im Gegensatz zu den meisten anderen Burgen im Land recht gut erhalten.

Hinter Carrickfergus ließ der Verkehr dann spürbar nach - vermutlich der Uhrzeit und der Entfernung zu Belfast geschuldet. Hinter Larne (da waren schon 43km gefahren) wurde es dann richtig angenehm. Hier begann auch der spektakuläre Teil der Strecke direkt an der Küste entlang. 40km ging das so.

Küstenstraße 1

Immer wieder kam ich dabei auch durch schöne Buchten mit kleinen Küstenorten - wie hier Ballygally.

Ballygally

Hier ein Abschnitt mit etwas anderem Charakter. Im Hintergrund sieht man Schottland - etwa 30km entfernt.

Küstenstraße 2

Von links kamen jetzt auch die berühmten Glens of Antrim (die Täler Antrims). Ehemaligen Gletschertäler, jedes mit seinem eigenen Charakter. Jedes lässt sich auf einer Scenic route besuchen. Hier der Anfang des Glenariff, das im Hintergrund durch steile Felshänge begrenzt wird.

Glenariff

Mein Plan war zwei dieser Täler einen Besuch abzustatten. Glenann hinein, dann über einen Pass und Glendun wieder hinaus zur Küste. Das war natürlich mit Steigungen und Anstrengungen verbunden. Bevor ich dies in Angriff nahm (es waren inzwischen schon 84km gefahren) machte ich Brotzeit in Cushendall. Dank OSMAND fand ich dort einen kleinen Park (den Cottage Park) mit wunderschönen Rastplätzen. Ich musste zwar ein bisschen schieben, um dort hin zu gelangen, aber die Lokation hat diese kleine Zusatzanstrengung gerechtfertigt. Oben angekommen kam ich sofort mit einem etwas älteren Herrn ins Gespräch, der mich wegen meines Fahrrads und meiner Ausrüstung ansprach. Es stellte sich heraus, dass er mal vor vielen Jahren von New York nach Los Angeles geradelt ist. Er war sehr nett. Als ich erwähnte, dass ich noch meine Wasserflaschen auffüllen wollte, hat er das sofort übernommen und kam nach ein paar Minuten tatsächlich mit vollen Wasserflaschen wieder zurück. Ich hab ihn dann auch gebeten, ein Photo von mir zu schießen.

Markus in Cushendall

Überhaupt habe ich meine helle Freude an der Kontaktfreudigkeit der Iren. Immer wieder komme ich mit Leuten ins Gespräch - meist über das Fahrrad und eine Frage wo ich herkomme oder wo ich noch hin will.

Frisch gestärkt ging’s also ins Tal Glenann. Und es ging konstant bergauf. Meist so zwischen 6% und 8% - also ganz schön happig. Hier der Blick zurück, als schon ein Gutteil geschafft war.

Glenann

Am Ende ging’s über einen namenlosen Pass mit fast 300m Höhe hinüber ins Glendun und dieses wieder hinab. Das sah z.B. so aus

Glendun

Unten angekommen stieß ich auf das Glendun Viadukt. Leider ist das Tal an dieser Stelle so zugewachsen, dass man von unten immer nur kleine Teile zu sehen bekommt. Es gab an dieser Stelle die Option der angeblich sehenswerten Torr Road zu folgen (anstatt der A2, die hier etwas ins Landesinnere zurück weicht). Etwa 8km Umweg hätte das bedeutet und insbesondere viele zusätzliche Steigungen. Da ich an der Stelle bereits 100km in den Beinen hatte und noch deutlich die Anstrengung vom Glenann spürte, verzichtete ich auf dieses Schmankerl. Ich glaube, das war richtig so.

Die letzten knapp 30 Kilometer ging es also weit weniger spektakulär im Landesinneren auf der A2 weiter. Ein paar schöne Ausblicke boten sich aber trotzdem noch. Hier ein Blick zurück auf das Glendun Viadukt.

Glendun Viadukt

Hier ein Blick auf Cushendun, dort wo das Glendun aufs Meer trifft.

Cushendun

Direkt ans Meer haben sie einen schicken Apartmentkomplex gebaut. Ganz weiß sticht er aus der sonstigen Bebauung hervor.

Bald kam ich in Ballycastle an. Der Ort war weit größer und belebter (und auch touristischer), als ich erwartet hatte. Direkt am Ortseingang stieß ich auf dieses irgendwie typisch irische Ensemble: Kirchenruine und Golfplatz. Beides gibt es zuhauf in diesem Land. (Es handelt sich bei der Ruine übrigens um die ehemalige Bonamargy Friary.

Bonamargy Friary

In Ballycastle kaufte ich nochmal ein. Ich wusste, dass das B&B, in dem ich ein Zimmer reserviert hatte weitab vom Schuss lag und dass ich am Abend ganz bestimmt nicht nochmal viele Kilometer bis in den nächsten Ort radeln würde. Ich wusste aber auch nicht so genau, was mich in dem B&B erwartete. Martin, mit dem ich die Reservierung am Telefon geregelt hatte, hatte was von einem gut bestückten Kühlschrank gesprochen und dass man sich fürs Frühstück dort selbst bedient. Aber gab es auch eine richtige Küche, Kochgelegenheiten, Töpfe? Ich ging auf Nummer sicher und kaufte für ein kaltes Abendessen (Brot, Käse, Fisch in der Dose) ein. Das könnte ich zur Not auch auf dem Zimmer essen.

Wie sich nach der Ankunft heraus stellte gab es aber sehr wohl eine große (gemeinsam genutzte) Küche. Ich hätte mir also auch was Warmes machen können.

Martin war sehr nett und zeigte sich sehr interessiert an meiner Reise. Die anderen Gäste dieses B&Bs waren dagegen eher zurückhaltend freundlich und zogen sich allesamt in ihre Zimmer zurück oder verschwanden mit ihren Autos wohin auch immer. So saß ich alleine in der Küche und tippte diesen Bericht. Wohlig müde und irgendwie zufrieden über das tolle Wetter, die schöne Landschaft und dieses freundliche Land.