2018-06-28  Belfast

42ter Tag      

Heute war also Sight-Seeing in Belfast angesagt. Das Wetter war hochsommerlich - beinahe schon unerträglich heiß.

Mark hat sich bereit erklärt mich auf dem Fahrrad ein bisschen durch seine Stadt zu führen. Das lief etwas anders ab, als von mir erwartet. In Belfast gibt es nämlich nichts, was man als Altstadt oder einen historischen Kern bezeichnen kann. Die Stadt ist zur Zeit der industriellen Revolution extrem stark gewachsen. Außerdem (das wusste ich nicht) wurde sie während des Zweiten Weltkriegs von den Deutschen stark zerstört. War halt eine für die britische Kriegsmaschinerie bedeutende Industriestadt.

Immerhin gibt es eine beeindruckende City-Hall

City-Hall

Davor sieht man meinen Gastgeber Mark.

Der überwiegende Teil der Führung war den Murals (Wandgemälden) gewidmet, für die Belfast berühmt ist. (Wusste ich vorher auch nicht.) Nebenbei habe ich noch einiges über die Auswirkungen des Konflikts zwischen Unionisten und Republikanern in Belfast gelernt. Hier ein paar Beispiele der Murals

Mural 1

Mural 2

Die Mauer auf der diese Murals angebracht sind trennt übrigens noch heute die Unionisten-Viertel von den Republikaner-Vierteln. Früher war das fast wie die Berliner Mauer. Es gab einige wenige schwer bewachte Checkpoints. Wie dieser hier.

Checkpoint

Das massive Tor, das die ganze Straße versperrt hat, existiert nicht mehr. Man beachte auch die Höhe der anschließenden Mauer. Damit sollte verhindert werden, dass man einfach was drüber werfen kann (z.B. Molotow-Cocktails).

Die Viertel der Unionisten und der Republikaner kann man auch heute noch gut unterscheiden. Bei den einen hängen überall Union Jacks, bei den anderen wird Zweisprachigkeit (Englisch und Gälisch) gepflegt. Es gibt sogar ein gälisches Viertel, in dem tatsächlich mitten in Belfast gälisch gesprochen wird.

Er hat mich dann noch auf den Milltown-Friedhof geführt, wo auch viele ehemalige Republikaner, Volunteers und IRA-Kämpfer beerdigt sind. U.a. die zehn Kämpfer der IRA, die nach einander bei einem Hungerstreik 1981 im Gefängnis gestorben sind.

New Republican Plot

Besondere Bekanntheit erreichte dabei Bobby Sands. Er ist zu einer Art Nationalheld aufgestiegen. Hier sein Konterfei am Hauptquartier der republikanischen Partei Sinn Fein.

Bobby Sands

Hier ein weiteres Denkmal auf dem Friedhof allein für die im Country Antrim exekutierten, ermordeten oder im Gefängnis gestorbenen Republikaner.

Antrim Memorial

Auf dem Rückweg ins Stadtzentrum kamen wir dann an weiteren Murals vorbei - jetzt weniger politisch.

Mural 3

Mural 4

Dieses hier ist einem sozialistischen Kämpfer und Lyriker aus den 20er-Jahren gewidmet. Mark konnte sogar aus dem Stegreif ein Gedicht von ihm rezitieren.

Wir waren dann noch in einem Restaurant Mittag essen, bevor wir beschlossen, dass es angesichts der Hitze genug war. Den Rest des Tages haben wir in Marks Haus verbracht.

Belfast ist eine lebendige, prosperierende Stadt, mit viel Nightlife, viel Business-Architektur und einer erschreckenden Historie. Zur Illustration auch noch diese Beobachtung: Der erste Pub, in dem wir gestern waren hatte am Eingang einen massiven Stahlkäfig. Zu Zeiten der größten Konflikte wurde hier jeder Gast einzeln beim Betreten des Pubs wie in einer Schleuse auf Waffen untersucht, bevor sich die Tür zum Pub öffnete. Zu groß war das Risiko, dass ein Fanatiker versucht in diesem vor allem von republikanisch gesinnten Iren besuchten Pub ein Massaker anzurichten.