2018-06-05  Pierrefonds

19ter Tag      

Ein schönes Frühstück und der Tag fängt gleich viel besser an. Für mich hieß das: Müesli. Endlich wieder mal richtiges Müesli.

Zwischen Pierrefonds und Compiègne erstreckt sich ein riesiges Waldgebiet. Dieses war schon seit den Merowingern ein Jagdgebiet der jeweils Herrschenden. Da wollte ich eine kleine Wanderung machen und danach das Schloss von Pierrefonds besuchen. OpenStreetmap zeigt eine Unzahl von Wegen in diesem Waldgebiet. Was OpenStreetmap verschweigt: Viele dieser Wege wurden offensichtlich seit den Zeiten Ludwig XIV nur noch sehr selten benutzt. Auf jeden Fall dauerte es nicht lange und ich befand mich auf einer zugewachsenen Schneise mit hüfthohem Gras und morastigem Untergrund. Als ich diese Strecke endlich hinter mich gebracht hatte sah ich aus wie Sau. Der Schlamm war bis zu den Knien hoch an der Hose verteilt. Die Schuhe mehr grau-braun als dunkelblau. So wollte ich nicht ins Schloss gehen.

Ich also wieder zurück zu meiner Unterkunft und erstmal Schuhe und Hose gereinigt. Um kurz nach 10 Uhr war ich dann doch am Schloss. Es war angenehm wenig los. Ein paar vereinzelte Touristen und ein paar Schulklassen - die sich aber verliefen.

Schulklasse

Mit einem Audio-Guide (auf deutsch) ging’s zur Besichtigungstour. Das Schloss ist eine Rekonstruktion einer tatsächlich mittelalterlichen Burganlage, die allerdings nur noch als Ruine erhalten war. Napoleon III hat den Bau 1857 in Auftrag gegeben. Der Architekt und Baumeister Violett-le-Duc war ein Spezialist für diese mittelalterlich-tümelnden Bauwerke der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Was noch vorhanden war wurde rekonstruiert. Was nicht mehr vorhanden war (oder nach Meinung des Architekten einfach noch dazu gehörte) wurde dem Zeitgeschmack entsprechend mit viel Fantasie dazu erfunden. Heraus kam etwas, was mich doch sehr an Neuschwanstein erinnert.

Innenhof

Und tatsächlich: Ludwig II war auf einer Reise auch hier vorbei gekommen und offensichtlich hat ihn der Bau sehr beeindruckt.

Schloss Pierrefonds

Was noch erwähnenswert ist: Der Bau war als Herrschaftssitz (quasi als repräsentatives Jagdschloss) gedacht, wurde so aber nie genutzt. Statt dessen wurde er noch während der Bauzeit in ein Museum umgewidmet. Daher ist die Dekoration und die Möblierung vieler Räume nicht vollendet worden. Eine der Ausnahmen ist der große Saal (der “Heldinnnen-Saal”). Er wurde zu festlichen Anlässen genutzt und kann auch heute noch gemietet werden.

Heldinnensaal

Nach der Besichtigung startete ich nochmal den Versuch eines Spaziergangs. Allerdings verging mir während dessen etwas die Lust. Ich hatte Hunger und es war auch wieder sonnig und schwül geworden. Der Aussichtspunkt, von dem ich gehofft hatte ein schönes Foto vom Schloss schießen zu können, war völlig zugewachsen. Also ging ich wieder zurück zur Unterkunft und machte Brotzeit. Danach recherchierte ich noch etwas im Internet, wurde dann aber so schläfrig, dass ich mich hinlegte und tatsächlich einschlief. Leider weckte mich der Rasenmäher der Vermieterin bald wieder auf. Ich hätte so gerne noch in bisschen geschlafen.

Den Rest des Tages verbrachte ich mit Recherchen zur weiteren Radreise (die Fähre von Roscoff nach Plymouth gibt es tatsächlich und kostet einfach 50GBP), zwei kürzeren Emails, Kochen und Abendessen (war diesmal nicht so toll), Vorbereiten des Frühstücks (mit Bananen-Shake!), genauerer Planung der morgigen Etappe (Pierrefonds - Beauvais), vergeblichen Suchen einer Unterkunft, diversen Anfragen auf warmshowers.org und diesem Blog-Eintrag.